„Montag“, heutzutage ein gesellschaftliches Synonym für einen Wochentag, der bereits in den Köpfen Vieler mit Trägheit und Stress beginnt. Das ist bei uns bei Buntwäsche natürlich ganz anders. Wir freuen uns auf den Montag. Da können auch 62 ungelesene Mails, von denen 18 doppelt weitergeleitet wurden fast nichts dran ändern. „Na denn erstmal abarbeiten“, denke ich mir. Doch mit jeder beantworteten Mail, rutsche ich ein wenig in das besagte Montagsgefühl.
In der Mittagspause, zwischen einem Salat mit Hähnchen und drei neu eingetroffenen Mails, überlege ich mir, was ich heute Abend mache. Wieder die Einschaltquoten und Gewinne einer korrupten und menschenverachtenden Vereinigung wie der Fifa erhöhen und dabei frustriert auf meinem Smartphone rumhacken? Nein, heute nicht.
Ich schreibe Christoph Krahe, Gründer und Entwickler vom Paddelbrett und Kunde von uns, eine kurze Nachricht. Wir kennen uns nur telefonisch, aber er wollte mir schon länger einmal das Stand-Up- Paddling zeigen. Trotz unserer Unbekanntheit ist mein Text ostwestfälisch puristisch ausgefallen „Moin, heute aufs Wasser?“ seine Antwort fiel ebenso kurz aus- vielleicht hat er auch einen Montag wie ich „1800 Kanuclub Werste“. Das ist mein Mann. Damit Marcus (Chef vom Dienst bei Buntwäsche) ebenfalls das Produkt unseres Kunden ausprobieren kann, hole ich ihn kurzerhand an Bord- Oder heißt das jetzt ans Brett? Ungeachtet, dass ich noch nie auf einem Stand-Up-Paddling Board stand, zieht mich der Gedanke durch den Tag.
Der Typ von Paddelbrett
Punkt 18 Uhr, vorher zu Hause nur gerade meine Badehose angezogen und die Lederschuhe gegen Flip-Flops eingetauscht, stehe ich mit Marcus am Rand der Werre. Kurze Zeit später biegt Christoph mit seinem grauen VW Bulli auf den Platz. Wie ein Honigkuchenpferd grinsend, begrüßt uns der Firmengründer.
Ist Christoph so, wie ich mir einen Stand-Up-Paddler vorstelle? Christoph ist etwas kleiner als ich, trägt einen graumelierteren 3-Tage-Bart, eine Brille und wie ich schon in den ersten Minuten merke, sein Herz auf der Zunge. Er ist 46 Jahre alt und wohnt oben in Vlotho am Berg. „Liegt da wandern nicht näher?“, denke ich und lächle.
Christoph erwidert mein Lächeln und drückt mir einen riesigen Rucksack in die Hand. Ich öffne ihn und entdecke eine schlauchartige Konstruktion, eine Finne, eine Luftpumpe und ein auseinander gestecktes Paddel. Der Schlauch, der sich beim Ausrollen als das Paddelbrett entpuppt, ist 3,5 Meter lang und 80 Zentimeter breit. „Das kann ja lange dauern“, denke ich und fange an zu Pumpen.
Ab auf das nasse Element
10 Minuten später, ist das SUP vollständig aufgepumpt, die Finne montiert und das Paddel auf meine Größe eingestellt. Jetzt wird es ernst. Ich lasse das lange Board vorsichtig in die Werre gleiten. Kein Platschen, keine großen Wellen. Ich wechsle das Element – von Erde auf Wasser. Zum Eingewöhnen soll ich die ersten paar Meter lediglich auf dem Board knien. Durch schwankende Bewegungen erfühle ich die Stabilität des Paddelbrettes. Ich fühle mich schon nach wenigen Metern sicherer und richte mich auf. Jetzt kann es losgehen.
Wenige Minuten danach ist dann jede Unsicherheit verflogen. Ich werde immer schneller, fahre Kurven und freue mich über mich selbst. Christoph fährt dicht neben mir und sagt grinsend „Das Konzept Paddelbrett funktioniert oder?“ Ja es funktioniert. Während wir leise über die Werre gleiten erzählt er mir, wie er bei seinen SUP-Kursen, immer wieder nach dem passenden Board gefragt wurde. „Was muss es denn können?“ war seine Gegenfrage gewesen und immer wieder war die Antwort: Das Brett sollte vor Ort auf Flüssen und Binnenseen zu paddeln sein, zugleich aber auch geeignet für einen längeren Ausflug auf dem Wasser oder einen Urlaub am Meer. Das Brett sollte flexibel einsetzbar, in einem kompakten Set und ohne Dachgepäckträger, einfach mit dem Auto zu transportieren sein. Es sollte nicht nur für Erwachsene, sondern auch für die Kinder zu nutzen sein, für Anfänger genauso wie für Fortgeschrittene. Es sollte Platz und eine Befestigungsmöglichkeit für eine Tasche bieten, im aufgepumpten Zustand gut zu tragen und trotzdem breit genug sein, damit es nicht umkippt oder um den Hund vorne drauf mitnehmen zu können. Ich bestätige für mich diese Ansprüche und Blicke auf das Ergebnis der Wünsche unter mir. „Eine Kombination aus Touringlänge und Allroundlänge“ ergänzt Christoph weiter.
Raus aus dem Stress
Ich versuche mich zu konzentrieren und meine ganzen Gedanken zu ordnen. Ein riesen Schritt ein eigenes Board zu konstruieren, zu bauen und als allumfassendes Paket zu verkaufen. Doch die Gedankengänge brechen schnell ab. Wir sind jetzt ungefähr 20 Minuten auf dem Wasser und ich bin ganz bei mir- ich bin entspannt. Kein Gedanke mehr an die Arbeit oder sonstigen Stress. Ich konzentriere mich auf die Bewegungen des Boards und des Flusses unter mir.
Wir paddeln immer weiter und reden immer weniger, lediglich wenn wieder mal Jogger oder eine Truppe walkender Damen uns zurufen und von uns ein Foto machen wollen, grinsen wir uns gegenseitig an. Nächste Geschäftsidee „Single Paddling – Hier wird keiner von der Brettkante geschubst“.
Nach 40 Minuten merken meine Oberschenkel und meine Bauchmuskeln, dass Stand-Up-Paddling eine Sportart ist. Wir kehren um und setzten uns für einige Zeit auf unsere Bretter und lassen uns mit der Strömung treiben. Es ist ein Perspektivwechsel, eben noch stehend über der Werre- Böschung, jetzt nur wenig höher als die Wasserlinie. So leise wie wir dahingleiten, stört es nicht mal die Enten-Familie, die an uns vorbei paddelt.
Eine Arschbombe gegen die Textilindustrie
Wieder am Kanuhaus angekommen, fällt mir ein, dass ich eigentlich über unsere Textilien(Neutral & Stanley/Stella) sprechen wollte. Wir haben Basecaps bestickt, sowie T-Shirts und Sweatshirt-Jacken mit Christophs paddelbrett-Logo bedruckt. Diese vertreibt er jetzt über seinen Onlineshop. Ich wollte ihn fragen, warum die Textilien aus Bio-Baumwolle, recyceltem Polyester und Fair gehandelt sein sollen. Aber nach dieser Tour werden diese Fragen nichtig. Man kann nicht auf einem extrem hochwertigen Board stehen und die Natur bewundern und dabei billig hergestellte, umweltbelastende und nicht nachhaltige Textilien tragen.
Zum Abschluss erstmal eine Arschbome vom Paddelbrett. Was ein geiler Montag.
(Bericht: Bernhard von Birkenstock)
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